Sprechen wir mal über die Wirkung von Biosiegeln.

Wenn man sich, so wie ich, in der grünen Öko-Bubble tummelt, kann man sich manchmal nur schwer vorstellen, dass die Vorteile von Bio-Siegeln so wenig bekannt sind.

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Babette Lichtenford

foto: La Chacra D’dago

„Alles nur Marketing.“ „Bewirkt ja eh nix.“ Solche und ähnliche Kommentare bekomme ich immer wieder zu hören. Und damit soll jetzt mal Schluss sein. Wir schauen uns die zwei bekanntesten Siegel an: EU-Blättchen versus Naturland. Was sollte man als Konsument darüber wissen? Wie sehen die Vor- und die Nachteile aus? Hier kommen die Antworten.

Bio ist prinzipiell besser fürs Klima.

Starten wir also ganz am Anfang: Jede Form von Bioanbau ist grundsätzlich klimafreundlicher als konventioneller Anbau. Warum? Biobetriebe produzieren weniger Treibhausgas-Emissionen. Zum einen, weil sie weniger Energie verbrauchen (Stichwort Dünger), zum anderen, weil durch die Anbaumethoden mehr Humus aufgebaut und damit CO2 gebunden wird.* Wie hoch der Anteil ist, hängt von der Lebensmittelkategorie ab (z. B. Pflanzen oder Fleisch) – und von der Strenge der Richtlinien, nach denen angebaut wird.

Mindeststandards? Oder so streng wie möglich?

Um das beantworten und auch bewerten zu können, haben wir uns auf die CO2-Bilanz konzentriert. Sie gehört zu den wichtigsten Faktoren für den Klimaschutz und ist damit essenziell für uns alle.

Einer der entscheidenden Aspekte für mehr oder weniger Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft ist Stickstoffdünger. Er wird sehr energieintensiv hergestellt. Hinzu kommen Transport, Logistik usw. (die Auswirkungen von Nitratbildung, Überdüngung, Gewässerverunreinigung u. Ä. mal außen vor gelassen). Wenn also weniger Stickstoffdünger eingesetzt wird, wird auch weniger CO2 ausgestoßen – logisch, oder? Wie sieht das also bei den beiden Siegeln aus?

Beim EU-Siegel ist ein Stickstoffzukauf von bis zu 170 kg pro Hektar erlaubt, während bei Naturland bei 40 kg pro Hektar pro Jahr Schluss ist.** Naturland-Bauern müssen außerdem mindestens 50% des Futters selbst erzeugen, was ebenfalls Energie und Transporte einspart. Die EU-Richtlinie schreibt so etwas nicht vor, man kann also auch Soja aus Übersee zukaufen, solange es biozertifiziert ist. Unschwer sich vorzustellen, was das bedeutet.

Und auch die beim EU-Siegel bestehende Erlaubnis, einen Betrieb nur in Teilbereichen auf Bio umzustellen – also z. B. Tierhaltung konventionell, Ackerbau bio – führt dazu, dass Futter und Dünger nicht um die Ecke produziert, sondern oft über weite Strecken transportiert werden. Ein logistischer Aufwand, der sich massiv in CO2-Bilanzen bemerkbar machen kann. Was übrigens auch für die Entsorgung von überschüssigem Mist auf anderen Flächen gilt. Nimmt man dann noch die höhere sogenannte „Tierbesatzdichte“ (wie viele Tiere auf welcher Fläche leben dürfen) hinzu, kann man nachvollziehen, warum Kritiker das EU-Biosiegel als „Bio light“ bezeichnen. Und was ist mit Naturland?

Besser, dafür teurer?

Das Naturland-Siegel geht in vielen Punkten deutlich über die EU-Standards hinaus und legt einen stärkeren Fokus auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit – inklusive Artenvielfalt, Bodenschutz, soziale Standards und Tierwohl. So ist beispielsweise die Tierbesatzdichte bei Naturland niedriger als bei EU-Bio, was den Flächenverbrauch zwar erhöht, aber gleichzeitig den Druck auf die Böden und die Notwendigkeit von Futtermittelimporten verringert.

Ein ganz spannender anderer Aspekt sind die Zusatzstoffe in weiterverarbeiteten Produkten: Die EU erlaubt 53 Zusatzstoffe (wie z. B. Natriumnitrit in Wurst), Naturland nur 22.

Wer sich das nochmal Punkt für Punkt im Detail anschauen möchte, findet hier eine sehr gut gemachte Übersicht: „Naturland Öko und EU-Bio im direkten Vergleich“

Gibt’s eigentlich auch Nachteile bei Naturland-zertifizierten Produkten?

Naja, sie sind teurer, was einen nicht wirklich wundert. Produkte mit dem EU-Siegel sind meist ca. 15 % günstiger und auch weiter verbreitet. Da ist es vielleicht eher eine Frage der Wertschätzung als ein Nachteil.

Fazit: Das Naturland-Siegel ist ein Premium-Standard, hat aber durch die höheren Preise seine Hürden. Das EU-Bio-Siegel macht Kompromisse (insbesondere beim Dünger), hat aber Breitenwirkung und erleichtert so unter Umständen den Einstieg in Bio.

Wer aber beim Einkauf Wert auf einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck und wenig Zusatzstoffe legt, ist mit Naturland-Produkten definitiv besser beraten.

Was hat das alles mit unserem Kaffee zu tun?

Die strengen Anforderungen bei Naturland zu Umweltschutz, Artenvielfalt und sozialen Aspekten entsprechen unseren Prinzipien bei Mount Hagen. Darum haben wir uns bewusst für Naturland- und Demeter-Zertifizierungen entschieden. Die Welt jeden Tag ein bisschen besser zu machen ist unsere Motivation – und der Grund, warum wir seit über 30 Jahren mit unseren Kaffees Genuss und Nachhaltigkeit in der Branche forcieren.

Der Aufwand, der dahintersteckt, ist groß, denn es kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Und zwar in jedem einzelnen Schritt – vom Kaffeeanbau bis zur Röstung und Verpackung. Dass sich das am Ende auf den Preis auswirkt, wundert wohl niemanden. Aber wem schmeckt ein Kaffee, durch den Regenwälder gerodet werden oder von dem ein Farmer seine Familie nicht ernähren kann? Uns nicht.

Quellen:
*blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/ist-oeko-wirklich-besser/

Insgesamt kommen die Forscher:innen zu dem Ergebnis, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe im Pflanzenbau auf die Fläche bezogen im Mittel 50 Prozent weniger Treibhausgasemissionen produzieren und auch bei einer Betrachtung der Emissionen auf den Ertrag bezogen nur 70 Prozent der Emissionen vergleichbarer konventioneller Betriebe erzeugen.

**www.naturland.de/images/01_naturland/documents/RiLi_Vergleich_Naturland-EU_deu.pdf