Biokaffee & Urban Gardening.

Als ich mich neulich mit einer Freundin zum Kaffee treffen wollte, lud sie mich zum „Greenpauli“ ein, wovon ich noch nie gehört hatte. Ich vermutete eine Hipster-Location (meine Freundin ist immer auf dem neueste Café-Stand). Aber es war ganz anders…

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Barbara Beiertz

foto: gregor mcewan

Kaffee im Stadtgrün.

Ich landete in einem von geschätzten 40 Urban-Gardening-Projekten in Hamburg. Mitten in der Stadt, direkt am Hafen. Mit 30 Hochbeeten voller Gemüse und alles in allem gritzegrün. Insofern auf jeden Fall eine Hipster-Location, denn Urban Gardening ist sehr angesagt. Was einen auch nicht wundert, denn die Städte werden enorm nachverdichtet (wohl dem, der eine Wohnung mit Balkon hat) und mein Morgenritual, mit dem dampfenden Kaffee durch den Garten zu tapern und nach den Tomaten zu kucken, ist definitiv Luxus.

Urban Gardening also.

Kleingärten sind eine sehr deutsche Angelegenheit. Es gibt fast 900.000 Schrebergärten, die in 14.000 Vereinen organisiert werden. Sie haben eine lange Tradition, waren immer schon Ausdruck der städtischen Sehnsucht nach Grün und hatten auch eine große Bedeutung für die Lebensmittelversorgung nach dem 1. Weltkrieg. Gleichzeitig waren sie (und sind es noch) ein Sinnbild für deutsche Spießigkeit. Was sich in den letzten Jahren ein wenig geändert hat, weil immer mehr „Junge“ in die Laubenpieper-Kolonien eingewandert sind und einen anderen Geist verbreiten.

Und jetzt also Urban Gardening – ist das nur eine schickere Version der Datsche? Ich denke nicht. Anders als in den parzellierten, eingezäunten Schrebergärten steht Urban Gardening für Gemeinschaftsgärten. Zum Teil mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen: Steht bei den einen die Lebensmittelproduktion im Vordergrund, ist es bei den anderen der interkulturelle Austausch. Es gibt Generationen- und Inklusionsgärten oder Nachbarschaftsprojekte, bei denen man sich trifft, die Finger in die Erde steckt und dabei zusammen sein Käffchen trinkt.

Inzwischen gibt es eine Plattform („Urbane Gemeinschaftsgärten“), die deutschlandweit die Stadtgärten in ihrem Verzeichnis nebst Karte und Typenbeschreibung aufgelistet hat. Wer also ein Gartenprojekt in seiner Nähe sucht oder eins gründen möchte, ist hier gut aufgehoben.

Nicht nur schön, sondern wichtig.

Ob hippes Kollektiv-Grün oder Schrebergarten, der Effekt von Stadtgrün ist groß. Als sozialer Treffpunkt, als Wissensvermittler und als Klimaverbesserer. Stadtgärten filtern die Luft. Sie kühlen. Sie fangen Wasser auf und mildern Starkregen ab. Insekten finden hier Nahrung – und die Menschen auch. Hättet ihr gedacht, dass die urbanen Gärtner*innen in Berlin 7,6 Mio. Kilo Gemüse, Kräuter und Obst in der Saison ernten? Mehr über den Wert von Stadtgrün – und zwar in Euro – findet ihr hier: „Das bisschen Grün“.

Bleibt der Morgen-Kaffee im Grünen. Selbst wenn man also keine Lust hat, mit anderen zu gärtnern, gibt es ja immer noch den Balkon. Und wer den nicht hat: Die Fensterbank tut’s auch. Ich persönlich mag zwar keine Zimmerpflanzen, aber eine Freundin von mir hat tatsächlich Chilis am Küchenfenster stehen. Und so sitzt sie nicht nur morgens mit ihrem Käffchen in dem kleinen exotischen Grün. Sie erntet auch regelmäßig die Schoten und kocht damit. Manchmal sogar ihren Kaffee. Eine Prise getrocknetes Chilipulver (fein gemahlen) zum Kaffeepulver dazugeben, aufgießen – sehr lecker.

Mikro-Urban-Gardening für Kaffee & Co.